In der letzten Zeit habe ich interessante Vorträge und Artikel rund um die Themen Ziele, Zielsetzung, Umgang mit Zielen und ähnlichem gehört, gelesen und gesehen. Was du und ich davon mitnehmen können möchte ich in diesem Artikel beschreiben.

Die Arten von Ziele

Eine Interessante Erkenntnis ist, dass es mehrere Arten von Ziele gibt: das gesetzte Ziel für ein Event (das zu erreichende Ergebnis) und das geheime Ziel (!). Dazu gibt es dann auf einer taktischen Ebene noch „Prozessziele“. Wenn man ehrlich in sich hört, ist dies eigentlich gar nicht so eine neue Erkenntnis, dennoch ist es interessant dies von Spezialisten zu diesem Thema zu hören. Aber dazu in den nächsten Punkten mehr.

Das gesetzte Ziel

Dies ist das Ziel was man sich für ein Event setzt und nach außen kommuniziert. Klingt simpel. Ist es aber meistens nicht. Warum nicht? Das erfährst du im nächsten Punkt.

Beispiel: Ich möchte ein sehr gutes Rennen machen und meine Zeit vom letzten Jahr verbessern.

Das geheime Ziel

Das was man insgeheim erreichen will. Meistens traut man es sich nicht auszusprechen. Das hat mehrere Gründe: Angst vor Versagen, Unsicherheit ob man es erreiche kann, Angst vor blöden Sprüchen, wenn man sagt, dass man dieses Ziel angeht (z.B. „das schafft der doch nie“). An dieser Stelle kommt dann meisten das gesetzte Ziel zum Einsatz und das geheime Ziel bleibt verborgen. Eine Art Schutzmechanismus. Aber im Endeffekt macht man den Spaß und der Erfolg eines Wettkampfs dann von der Erreichung des geheimen Ziels abhängig. Was passiert wenn man das Ziel nicht erreicht? Man hat sein gesetztes Ziel (was gern vom geheimen Ziel abweicht) als Plan B und hat sein Gesicht gewahrt.

Beispiel: Ich möchte in den Top 10 finishen.

Prozessziele

Das sind die Ziele während des Rennens, die es zu erfüllen gilt, damit das gesetzte oder geheime Ziel erreicht wird.

Beispiele: Die ersten 5km im Schnitt langsamer 10 Sekunden langsamer laufen. Die zweite Hälfte auf dem Rad 260 Watt halten. Beim Schwimmen Anschluss an die Spitzengruppe halten.

Unterstützung von Außen

Persönlich bin ich der Meinung, dass man sich mit seinen Zielen und der Zielsetzung auseinander setzen sollte. Wenn man keine wirklichen Ziele hat, wird man sich auch schwer in der Saison und zum Training motivieren können. Ein unerreichbares geheimes Ziel kann einem die ganze Laune und den Spaß am Sport versauen. Und hey, wenn man sein geheimes Ziel nicht teilen kann, macht einen das ggf. schon ein bisschen fertig.

Was können andere in diesem Zielsetzungsprozess tun und leisten oder wie kann man sich mit anderen arrangieren?

Eine Idee ist es sich einen Goal Buddy zu suchen. Jemand dem man seine Ziele (auch das geheime) anvertrauen kann. Mit dem man offen dadrüber sprechen kann. Der einen an Tagen mit mäßiger Motivation noch einmal die Ziele vor Augen führt. Der Goal Buddy kann dein Coach sein, ein gut befreundeter Trainingskumpel, am besten jemand, der den Sport und die Gedankenwelt und den Trainingsprozess von Sportlern und sein Umfeld versteht.

Was sind die weiteren Aufgaben des Goal Buddys?

Das wirkliche Ziel, das geheime Ziel ansprechen und es im Trainingsprozess ansprechen. Wenn man nicht für das geheime Ziel, sondern für ein niedriges Ziel traininert, wird man das höhere Ziel nie erreichen. Das sollte einem auch in der Kommunikation mit einem Trainer oder Coach bewusst sein. Er wird das Training nach den kommunizierten Zielen ausrichten. Wenn du aber insgeheim ein anderes Ziel verfolgst, machst du dann ggf. nicht das passende Training.

Das geheime Ziel sollte auch realistisch eingeschätzt werden. Ist es zu niedrig? Unterfordert es dich und du wirst irgendwann den Antrieb verlieren? Oder überfordert es dich vielleicht? Wie wahrscheinlich ist es, dass dich der Trainingsprozess dahin aufreibt? Oder ist es sogar (aktuell!) unrealistisch? Was ist ein Ziel für diese Saison, was für die nächste und was für in 3 Jahren? Am Ende misst du Erfolg oder Entäuschung an der Erfüllung dieses Ziels. Egal wie viel der Prozess/das Training dir Spaß gemacht hat, wenn am Ende das Rennen scheiße war, ist das Risiko groß, dass du fühlst, als ob du die ganze Zeit verschwendet hast und total versagt hast. Das muss ja nicht einmal sein. Das Ziel kann von anfang an noch aus der Reichweite gewesen sein, der Tag kann auch einfach nur schlecht gelaufen sein. Aber sich so etwas bewusst zu sein, hilft schon einmal präventiv gegen große Enttäuschung. So etwas trifft natürlich nicht auf jedem zu. So eine Einstellung und Empfinden findet man allerdings häufig in der Kultur einer Leistungsgesellschaft. Aber es gibt auch genügend Menschen, die mit dem Prozess an sich sehr viel Freude habe und Tag X nur als Bonus ansehen. Wer so empfindet ist gesegnet 😉

Der Goal Buddy ist auch hier eine gute Anlaufstelle um sich klar zu werden, wie man tickt und was man wirklich will…. das geheime Ziel. (By the way: es gibt auch Menschen, die haben kein geheimes Ziel, bzw. das geheime Ziel und das gesetzte Ziel ist identisch. Denn ein offen kommuniziertes und hohes Ziel zwingt einen Quasi dazu Tag für Tag sein bestes zu geben.

Während des Tranings ist der Goal Buddy auch immer wieder zur Stelle um dich an dein Ziel zu errinnern, dir auch in Tiefs zu zeigen, warum du das alles machst. Weiterhin kann er dir beim „Zerlegen“ deines Ziels in viele kleinere Ziele helfen. Was muss du wann im Training leisten können und wie erreichen wir das? Und schon steckt man mitten in der Saison- und Trainingsplanung.

Ein weitere wichtiger Punkt ist das eingrenzen von Zielen. Gerne hat man mehr Ziele als man Ressourcen dafür hat. Ressourcen wäre in diesem Zusammenhang: Zeit zum Training, Energie zum trainieren, Akzeptanz im persönlichem Umfeld.

Der Goal Buddy hat hier bei ein schweres Leben. Wenn er dir helfen soll Ziele zu verfolgen, unrealistische auf spätere Jahre zu verschieben oder ehrlich zu Fähigkeiten und Ressourcen zu sein, dann kann dies schnell in die Hose gehen oder missverstanden werden. Zum einen kann der Goal Buddy zu defensiv sein, zu zurückhalten in der Denkensweise zu „was geht, was geht nicht?“. Auf der anderen Seite ist es aber auch am Empfänger gelegen diese Einschätzung von außen aufzuhnehmen und zu respektieren. Gern schätzt man sich selbst falsch ein. Sei es zu hoch oder zu tief und es ist nicht immer einfach Feedback anzunehmen. Als Goal Buddy muss man hier einen Weg finden, wie man die Botschaft empfängergerecht übermittelt – ohne dabei Freundschaft, Vertrauen und ähnliches zu strapazieren.

My Take

Wie war oder ist das bei mir? Ich finde mich in diesem Schema zu 100% wieder. Ich halte mich bei der Zielsetzung zurück habe aber insgeheim ein hohes Ziel. Dies spreche ich meist nicht aus oder teile es nur mit Personen denen ich absolut vertraue. Ich muss zugeben, dass ich den Sport – unter anderem (!) – betreibe um mich irgendwie zu beweisen, kann aber auch im Prozess die einzelnen Trainings genießen. Ich habe ein wenig Angst hohe Ziele offen zu kommunizieren, denn wenn diese Fehlschlagen, dann könnte man das Gefühl haben, dass man sich nicht bewiesen hat und alles für die Katz war… oder viel Schlimmer, ich hab Schiss vor dem Shit Storm danach 😉 (Wobei – ganz erhlich gemeint – man sich wunderbar mit dem Umgang mit Fehlschlägen beweisen kann)

Zielsetzung IM Hamburg 2018

Gesetztes Ziel: Meine beste Langdistanz und ein gutes Rennen machen, dabei gucken, wie weit es nach vorne reicht.

Geheimes Ziel: Top 3 in der Altersklasse in der Wertung für die Deutsche Meisterschaft.

Erreichung: Platz 4 in der Altersklasse + Hawaii Qualifikation (Weltmeisterschaft)

Diskussion: Das gesetzte Ziel habe ich ehrlich gemeint! Ich hatte vorher nur eine Langdistanz absolviert und so ein Rennen hat so viele Unbekannte und über den Tag so viele Risiken, die man alle managen muss. Es ist also ziemlich wahrscheinlich, dass so ein Tag nicht ganz so läuft wie man es sich vorgenommen hat und man dann das Ziel komplett aus der Reichweite gerät. Dadran wollte ich Spaß und Erfolg nicht festmachen. Insgeheim ging das Thema Kona durch den Kopf. Allerdings war ich ehrlichgesagt auf eine Top 3 Platzierung in der Wertung der Deutschen Meisterschaft scharf. Und wie ging es aus? Tja, gutes Rennen, bestes persönliches Rennen, aber „nur“ Platz 4 in der Altersklasse. Wie happy war ich? Wenn ich ehrlich bin… so mittel. So doof das klingt und so sehr ich mich ärgere, dass man Spaß an Erfolg fest macht, aber irgendwas hat gefehlt. Platz 4 ist total geil, aber Platz 3 hätte ich gern gehabt. Die Hawaii Quali war dann die Ersatzbelohnung. Ich könnte mich schon selbstverhauen, das ich so etwas schreibe… aber ich war tatsächlich mit gemischten Gefühlen dabei. Vergleiche ich das mit meiner ersten Langdistanz: da war schon das bloße Erreichen des Ziels einfach so unbeschreiblich geil, dass dieses Lächeln jeden kleinen Pattzer im Rennen mehr als wett gemacht hat. Aber am Ende muss ich schon sagen: Hamburg war geil, egal ob Platz 4 oder Platz 3. 😉

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