Disclaimer: Achtung - Der Beitrag ist eine Kopie des Texts aus dem Facebook-Fotoalbum und wird ggf. noch mal entrümpelt und überarbeitet.
Hier ein paar Eindrücke von der Erstausgabe des IRONMAN Hamburg.
Letztes Jahr fiel gemeinsam mit Phillip die Entscheidung, es einmal auf der Langdistanz (3,8km Schwimmen, 180km Radfahren, 42,2km Laufen) zu versuchen. Irgendwie war der Gedanke an diese große Aufgabe und die vielen Dinge, die man an dem Tag managen muss, genau das, was mich an diesem Sport reizt. Ursprünglich wollten wir in Glücksburg beim OstseeMan starten. Da es aber mit den Unterkünften nicht so ganz geklappt hat, kam die Ankündigung, dass es ab 2017 erstmals einen IRONMAN in Hamburg geben wird genau richtig.
Die Rennwoche
In der Woche des Rennens habe ich mich netterweise bei meinen Eltern einnisten können. Morgens schwimmen, kurze Wege zum kurzen Training und ansonsten einfach nur faul rumhängen, erholen und Buch lesen. Perfekt!
Am Freitag ging es dann auch schon nach Hamburg. Das Wetter war – gelinde gesagt – bescheiden. Dauerregen und nicht wirklich warm. Im Pflichtenheft stand die Vor-Ort-Registrierung inkl. Startnummernausgabe und die Wettkampfbesprechung. Die Besprechung fand im strömenden Regen draußen auf den Tribünen der Finish Line statt. Platz gab es nicht für alle 2.500 Teilnehmer, so standen wir – wie manch andere – vor einem Tribüneneingang im Regen und haben probiert etwas mitzukriegen. Nach dem Wechsel in trockene Klamotten ging es mit dem mitgereisten Teil der Support Crew zum klassischen Nudelessen Nicht auf der offiziellen Pasta-Party, sondern gemütlich beim Italiener ums Eck.
Das Wetter wurde am Samstag nicht ein bisschen besser. Vor dem Frühstück wollten wir kurz unsere Körper aufwecken und eine Runde mit den Rädern um den Block fahren. Den Versuch haben wir nach zwei Runden und viel zu vielen Ampelstops bei Wind und Regen dann mal abgebrochen und sind ins „Gym“ des Hotels. Hier gab es dann genau einen Ergometer und ein Laufband. Nicht die beste Vorbelastung, aber das hat schon irgendwie geklappt. Vor dem Mittag wollten wir noch die Chance nutzen und das Testschwimmen in der Alster mitzumachen. Das Alster aus der Flasche besser schmeckt ist mir ja vom Hamburg World Triathlon bekannt, aber am Vortag noch mal die Arme aufwecken und checken wie sich die Brühe anfühlt ist ja nicht verkehrt. Auf dem Weg zur Alster haben wir kurz überlegt, ob es wirklich eine so gute Idee ist: nass, kalt, grau. Und es war eine sehr gute Idee. War man erst einmal im Wasser, konnte man feststellen, dass es im Neo eigentlich ganz angenehm ist und das Schwimmen gut von der Hand geht. Aber allzu lange sind wir im frischen Wasser dann doch nicht geblieben
Am Nachmittag hieß es dann Bike Check-In. Ursprünglich wollten wir das so früh wie möglich erledigen. Haben uns dann aber – in der Hoffnung auf weniger Regen – auf „so spät wie möglich“ umentschieden. Aber Pustekuchen. Regen, nichts als Regen. Nur schnell das Rad eingehängt und abgedeckt und die Beutel aufgehängt. Die Beutel hatten wir vorher präpariert. In den Beutel alle Sachen noch mal in eigene Plastiktüten gepackt, damit die Sachen nicht über Nacht nass werden. Ein Marathon in klitschnassen Socken und Schuhen muss echt nicht sein. Das Rad dann anständig herrichten und alles startklar machen haben wir auf den Sonntagmorgen verschoben.
Sunday is raceday. Aufstehen und Frühstück hatten wir für 03:00 angesetzt. Da das Hotel noch kein Frühstück zu der Zeit anbietet, hatten wir alles (inkl. Toaster und Kaffeemaschine) mitgenommen und unser zweckdienliches Frühstück am Morgen im Zimmer eingenommen. Nach einem Kaffee und ein paar Schritten an der Straße stand auch einem der wichtigsten Agendapunkte des Morgens nichts mehr im Weg Und die bisher beste Nachricht des Tages: es ist trocken! Und das sollte laut sämtlicher Wetterdienste auch so bleiben. Hurra!
Um 05:00 war in der Wechselzone am Ballindamm schon munteres treiben. Radbeutel holen, Radschuhe ans Rad, Garmin ans Rad, Verpflegung ans Rad, Helm ans Rad, Startnummer ans Rad, Luft in den Reifen checken. Klingt eigentlich nach schnell gemacht. Aber mit Anstehen an (den viel zu wenigen) Dixis hat die Nummer doch länger gedauert und am Ende brach etwas „Hektik“ aus. Leider war ich nicht mehr am Laufbeutel, Einschwimmen war auch nicht mehr drin (wäre sicher eh zu kalt und wie sagt ein Typ neben mir: „Man hat 3.700m Zeit um sich einzuschwimmen“ )
Ab hier an hieß es dann für jeder für sich und ich
Der Wettkampf
Gestartet wurde im Rolling Start. Das heißt, dass nicht alle 2.500 Leute gleichzeitig ins Wasser laufen und losschwimmen (Massenstart), sondern dass man sich nach seiner selbstgeschätzten Schwimmzeit einreiht und dann im 5-Sekunden-Takt ca. 5 Leute auf die Reise geschickt werden. Für mich war das der erste Rolling Start und ich find das System klasse. Ziemlich stressfreier Start und kein Geprügel im Wasser. Das Schwimmen lief auch echt super. Plan war es, die ersten 2,6km ruhig anzugehen und etwas zu steigern und dann die letzten 1,2km Gas zu geben. Das lief so weit auch ganz gut. Das Wasser war recht angenehm – von der Temperatur. Gesehen hat man in der üblen Brühe natürlich nichts Unter der Lombards- und Kennedybrücke wurde es dann etwas enger, aber ansonsten konnte man ziemlich entspannt schwimmen. Die Bojen hätten gern etwas größer sein können, ein bisschen abgedrifftet sind wir nämlich. Kumpel Garmin sagt etwas von 3.991m Schwimmen – da werden aber GPS-Ungenauigkeiten auch mit drin sein. Das Umschwimmen an den Bojen war auch so stressfrei wie noch nie und in der Außenalster kam die Sonne raus und es wurde etwas wärmen. Zurück in der Innenalster bot sich ein netter Anblick auf Jungfernstieg und Ballindamm. Schöne Szenerie. Das Schwimmen war bis dahin auf jeden Fall schon mal ein Highlight. Nach 2,6km stand ein kurzer Landgang an, um danach noch eine 1,2km Schleife zu schwimmen. Der Landgang war allerdings die größte Scheiße überhaupt. Der Ausstieg bestand aus viel zu hohen Steinstufen, zwar mit Teppich abgedeckt, aber dennoch eine absolute Unfallgefahr! Vor mir hats dann auch direkt einen zerlegt. Ich bin langsam und gemütlich rausgekrabbelt, ich wollte mir ja nicht so früh schon den Tag versauen Den Job hat dann allerdings wer anderes übernommen. Irgendwer ist mir direkt auf den großen Zeh gestolpert und danach tat es erst einmal tierisch weh. Die ersten paar 100-Meter der abschließenden Schwimmrunde habe ich erst einmal über den Zeh nachgedacht. Hoffentlich nichts kaputt. Den ganzen Aufriss, nur für das Schwimmen? Nee! Auf jeden Fall probieren was mit dem Fuß geht. Und wenns irgendwann weh tut, wird halt gewandert. Zu Ende wird’s auf jeden Fall gebracht! Der Schwimmausstieg war dann ähnlich des Exits beim Kurztriathlon. Nach knapp 1 Stunde und 7 Minuten ging es die Treppenstufen hoch zum Rathausmarkt… aber gemütlich! Noch ein Unglück darf es nicht geben. Auf den Fotos des Schwimmausstiegs sieht das allerdings ziemlich langweilig aus und das schnellste Verfahren ist dies auch nicht
Der Weg zum Wechselzelt wurde dann aber gelaufen. Neo auf, Radbeutel schnappen und ab ins Wechselzelt. Neo runter, Einteiler hoch und zu, Neo, Badekappe und Brille in den Beutel, Beutel abgeben und ab zum Rad. Halt. Erst einmal Fuß bzw. Zeh begutachten. Das Laufen ging ja eigentlich. Blick nach unten, Blut läuft. Kurze Untersuchung: es war nur der Nagel, der nun nicht mehr vollständig mit meinem Zeh verbunden war. Aber wird schon gehen. Auf dem Weg zum Rad direkt noch mal in ein Dixi. Bei dem nasskalten Wetter musste ich irgendwie wie verrückt schiffen.
Nicht unbedingt der schnellste Wechsel des Tages…
Mein Rad stand zum Glück recht nah an der Radstrecke. Lange Laufwege ohne Rad, kurze Laufwege mit Rad. Und auch passend direkt an einem markanten Straßenschild. Orientierung war also kein Problem. Ab aufs Rad und los. Brrrr. Kalt. Nasse Klamotten + niedrige Außentemperaturen. Ich hatte mich gegen Extrakleidung entschieden. Im Training war es am Anfang auch frisch, aber im Laufe des Tages ging es dann immer. Also wird das jetzt hier genau so gemacht! Und das gefühlte Extrakilo Körperfett ist bei den Temperaturen dann sicher doch recht hilfreich
Die ersten 20 Minuten wollte ich sachte angehen. Es heißt das ist wichtig. Vielleicht war es etwas sehr sachte, aber man konnte sich so erst einmal sortieren. Die Köhlbrandbrücke hoch wurde peinlichst auf die Wattanzeige geachtet. Von hinten kam ein Athlet im Wiegetritt den Brücke hochgestürmt. Kopfschüttelndes Statement eines erfahrenen Athleten vor mir: „Da hat noch einer Kraft“. Wie gesagt, es heißt, einer der größten Fehler ist es, am Anfang gleich zu viele Körner zu verschießen und eine Brücke hochzustürmen, wenn man anschließend noch knapp 175km mit dem Rad und 42,2k im Laufschuh zurücklegen muss, ist eine super Gelegenheit dafür. Vor der Abfahrt hatte ich Respekt. Mit dem Rennrad hatte ich mal ein traumarisierendes Erlebnis und bin dementsprechend Vorsichtig. Hab mich locker runterrollen lassen, während andere in Aeroposition da ordentlich runtergeschossen sind. Allerdings war die Abfahrt dann doch nicht so heftig, wie erwartet. Die Köhlbrandbrücke wurde als ein Highlight der Radstrecke angepriesen. So geil war es dann eigentlich nicht. Das Hochfahren sieht am Anfang, wenn die Brücke noch vor einem liegt, schon cool aus, aber ist dann recht easy zu machen. Von der Aussicht oben habe ich nicht viel mitgekriegt und bei der Abfahrt war ich zu konzentriert
Anschließend wurde der Einsatz auf das Wettkampftempo erhöht. Irgendwo in Harburg ging es dann im Ort leicht bergauf. Für die „Harbuger Berge“ hatte ich mir knapp 10% mehr Einsatz eingeplant, als für die flachen Streckenteile. Gemütlich kurbelte ich die leichte, doch etwas längere Steigung bei Wettkampftempo hoch. Dabei konnte man auch gut überholen. Als die Steigung dann endete, habe ich festgestellt, dass dies bereits die „Harburger Berge“ waren. Somit bin ich doch etwas langsamer da hoch als gewollt. Naja Streckenkenntnisse bringen scheinbar doch was
Sehr viel bringt das sogar: Denn durch die Kurven bin ich gewohnt vorsichtig, da ich keine Ahnung hatte, wie es danach weitergeht. Es ist schon echt ärgerlich, dass wenn man berghoch oder auf geraden Strecken locker an allen vorbeifährt, diesen Vorsprung in Kurven und Abfahrten wieder einbüßt. Und den anderen auf der Strecke geht man damit sicher auch auf die Nerven. Also ist ein Trainingsziel für den Winter schon mal klar. Da es immer noch kalt war, meldete sich die Blase ständig. Ich hab erst überlegt, ob man es die ganze Radstrecke aushält, dass ging dann aber echt nicht. Unterwegs das Problem beseitigen war verboten (es wurden scheinbar auch einige Karten dafür verteilt). Also in der nächsten Verpflegungsstelle anhalten und ab aufs Dixi. In der Verpflegungsstelle gab es genau zwei Dixis. Diese standen auch noch auf der linken Straßenseite und wurden komplett belagert. Genug Möglichkeiten zum sicheren Radabstellen gab es auch nicht. Ständig kam wer an und musste scheinbar ultradringend pinkeln und Zeit hat man ja auch nicht unbedingt. In der Hektik ist dann irgendwann mein Rad umgeworfen. Ob vom Wind oder weil wer dagegen gekommen ist oder oder oder konnte ich nicht sehen. Naja, nach dem Schiffen das Rad kontrollieren. Hinterrad schleift. Hinterrad gerichtet. Flaschen wieder drangebaut und los. Der Wattmesser hat ab diesem Zeitpunkt nur noch Schwachsinn angezeigt. Über 300Watt bei knapp 12km/h und alle fahren an einem vorbei? Hier kann was nicht stimmen! Leider war auch irgendwie die gefühlte Anstrengend hoch. Das kann aber auch durch die Aufregung nach dem Radumwerfen gekommen sein. Aber erst einmal anhalten und Leistungsmesser kontrollieren. Leider musste ich ihn komplett reseten und neu kalibrieren. Da ging einiges an Zeit ins Land. Weiter gehts… Die Werte waren zwar nicht mehr so hoch, aber irgendwie haben sie immer noch nicht gepasst. Also wieder anhalten und das Rad kontrollieren. Nächstes Aufgabengebiet: die Vorderradbremse zurechtbiegen. Mit Dauerbremsen fahren kostet Kraft und ist langsam Und schon wieder einiges an Zeit verloren. Ein paar hundert Meter weiter war dann der nächste Stopp. Ein männlicher Teilnehmer hat wohl mehr nach unten als nach vorne geguckt und hat direkt ein Hütchen der Straßenabsperrung umgefahren. Durch den Volltreffer hat er einen schönen Salto hingelegt. Also erst einmal anhalten, fragen ob alles in Ordnung ist und sobald der erste offizielle Helfer da ist weiterfahren. Meine geplante Radzeit war nun sowas von außer Reichweite. Beim Weiterfahren habe ich dann die Annahme getroffen, dass mein Leistungsmesser ein paar Watt zu viel anzeigt und bin über Wettkampftempo gefahren. Nach dem ich aber ziemlich flott an allen vorbei gerast bin, habe ich diese Annahme wieder revidiert und bin zu meinem ursprünglichen Tempo zurück. Ich muss sagen, ohne Blasendruck und ohne Sorgen über die Anzeige und das Material ging es erschreckend gut!
(Im Endeffekt haben nun beide Laufräder einen Seitenschlag, das ist aber reparabel)
Einen zweiten Dixi-Stopp habe ich am Anfang der zweiten Radrunde bei einem Penalty-Zelt eingelegt. Bei Penalty-Zelten will ja keiner anhalten, darum war die Chance groß, dass das Dixi frei ist
In Summe ist die Radstrecke ist eigentlich ziemlich genial und abwechslungsreich. Komplett trocken geht hier sicher einiges. In Buchholz hat der NDR2 einen kleinen Hotspot mit Musik und Cheerleaderinnen aufgebaut und allgemein war an der Strecke häufiger mal was los.
Auf dem Weg zurück in die Stadt hat es dann ganz kurz ganz leicht angefangen zu regnen. Das hat im Kopf nicht groß weiter gestört, da es die letzen Kilometer der Radstrecke waren. Nach ewigen 5 Stunden 33 Minuten war das Radfahren erledigt. Die Zeit ist eigentlich echt mies und der Wind war auch nicht so heftig. Aber durch die 2 extra Kilometer, die Dixi-Stopps und die technischen Probleme hat sich leider etwas angesammelt Aber irgendwie hat es die Laune nie auf einen Tiefpunkt getrieben!
Der Wechsel vom Rad aufs Laufen ging anfangs eigentlich ziemlich gut. Der lange Laufweg vom Rad zum Wechselzelt ging eigentlich schon ganz gut und an meinen Zeh habe ich gar nicht mehr gedacht. Im Wechselzelt habe ich dann sogar Phillip getroffen. Ich hatte eigentlich gedacht, dass er schon ewig am Laufen ist. Aber er musste wohl auch knappe sechs Dixi-Stopps einlegen. Er war dann direkt auf dem Abflug und ich erst einmal mit meinem Laufbeutel beschäftigt. Mit dem Zuwickeln zum Schutz vor dem Regen hatte ich es etwas zu gut gemeint und hab das blöde Teil nicht aufgekriegt. Nach langem Rumprobieren habe ich mich dann doch entschieden den Beutel einfach aufzureißen. Ich wußte nicht wie gut die Idee ist, denn der Helm muss da ja rein und so abgegeben werden. Die Fetzen der Tüte mit dem Helm habe dann mit den Worten „Achtung kaputt“ abgegeben. Die Helfer haben sich gut drumgekümmert und ich habe alles wieder heile zurückbekommen!
Das Anlaufen lief echt gut. Als hätte man sich gerade nur kurz warmgemacht. Also gefühlt… die aufgezeichnete Bodenkontaktzeit sagt etwas ganz anderes So ungefähr bei Kilometer 2 fragte mich ein anderer Triathlet: „Hey, hast du mal ein Pace?“, Patrick: „Ja – so 4:15 (min/km)“ – Er: „4:15 oder 4:50?“ – Patrick: „4:15!“ – Er: „Oh!“ – Patrick: „Ja, etwas schnell“ – Er: „Wie schnell wolltest du denn?“ – Patrick: „Naja in der ersten Runde nicht schneller als 4:30“ – Er: „Ich wollte versuchen 3h 30m zu laufen“ (Anm. d. R.: das wäre ein Pace von 05:00min/km) – Nach einer kurzen Unterhaltung, was alles auf der Radstrecke und beim Wechseln schiefgelaufen ist und der ursprüngliche Plan eh außer Reichweite ist verabschiedeten wir uns mit den Worten „Dann halt einfach nur noch Spaß haben!“. Ab da an war ich erst einmal mit einem Dauergrinsen unterwegs – auch wenn ich mich auf die geplanten „langsamer als 4:30 in der ersten Runde“ runtergedrosselt habe. Nach der Hälfte der ersten Laufrunde habe ich angefangen meine Magen etwas zu merken. Nach den Stopps auf dem Rad bin ich mit meinem Verpflegungstiming etwas durcheinander gekommen und habe wahrscheinlich etwas zu viel Kohlenhydrate aufgenommen und nun merkte ich soglangsam, dass etwas im Magen hin und her schwappte. Aber darüber hat man sich ja informiert. Empfohlene Lösung: mehr Wasser zuführen. An der nächsten Verpflegungsstelle nur Wasser und kein Iso aufgenommen und zwischen den Verpflegungsstellen an dem Softflask in meiner Hand genuckelt. Das Probleme war echt behoben. Schon geil, wenn man sich vorher etwas für allmögliche Probleme überlegt und das dann auch funktioniert. Die Laufrunden wurden, anders als beim World Triathlon, über den Jungfernstieg geleitet. Hier gab es eine Rundekontrolle und für jede Runde ein Armbändchen. Hier stand dann auch die Support Crew und hat mächtig angefeuert. Unglaublich wie das nach vorne pusht. Allgemein hat die gute Stimmung geholfen und ich habe immer von Zeitmessmatte zu Zeitmessmatte gedacht, da ich wusste, dass alle die das Rennen verfolgen nun ein Lebenszeichen und einen Split bekommen. Aber wenn man dann in einem Stimmungsnest an Family und Freunden vorbeiläuft. Bämm, das treibt an! Man hätte an der Stelle echt feiern können Kurz darauf hatte ich auch Phillip wieder vor mir und nach einem kurzen Wortwechsel hinter mir. Die vier Runden konnte man im Kopf auch gut verdauen. Im Training habe ich mir eine Strecke ausgeguckt, die ich in den letzten langen Läufen immer vier mal abgelaufen bin und hab im Kopf eine „so noch eine und du bist schon in der vorletzten Runde“-Technik entwickelt. Quasi eine N-1 Strategie Die ging super auf. Ab der dritten Runde wurde es dann auf der Laufstrecke recht voll. Gerade rund um die Verpflegungsstellen. Und da nach der Halbmarathon-Marke so langsam die Schmerzen einsetzen, hat man gern mal die Konzentration verloren und ist mit geschlurft. In der vierten Runde dachte ich mir dann „Hey, das ist die letzte Runde! Kreislauf ist in Ordnung. Energieversorgung klappt ausgezeichnet. Du hattest kein einziges richtiges Tief. Es ist nur Schmerz und um so langsamer du läufst desto länger spürst du ihn. Also gib Kette!“ Die letzte Runde war irgendwie geil. Es tat zwar alles weh, aber man merkte, man kommt wieder gut voran und ist deutlich schneller als der Rest. Ein purer Endorphinrausch!
Am letzten Verpflegungspunkt habe ich noch einmal alles eingesackt was geht – Wasser, Iso, Cola. Erst hier wollte ich wieder ein Blick auf die Gesamtzeit werfen und gucken, ob ich noch unter die 10-Stundenmarke laufen kann. Die Zeit hatte ich nach dem Schlamassel auf dem Rad eigentlich schon abgehakt. Aber mal gucken kann man ja. Vorher wollte ich nicht drauf gucken, weil ich sonst wahrscheinlich zu schnell gelaufen wäre und es noch probiert hätte und damit auch ein gewisses Risiko eingegangen wäre. Aber die Uhr sagte auch, dass die 10-Stundenmarke schon aus der Reichweite war – ein Endspurt lohnte sich also nicht. Aber eine Endbeschleunigung macht ja dennoch Spaß
An der Rundenkontrolle war keine Support Crew mehr zu sehen. Ein gutes Zeichen, dann ist nämlich Phillip auch schon auf der letzten Runde und sollte alles sicher nachhause bringen. Und eine weitere Mission hatte meine Begleitung: Shopping im IRONMAN Merchandise Zelt. Ich wollte hier nicht einkaufen, bevor das Rennen gefinished wurde. Und nach dem Finish wäre dafür sicher keine Zeit mehr. Also wurde die Family instruiert, dass wenn ich auf die letzte Runde gehe und alles soweit gut aussieht, die Shopping-Aufträge ausgeführt werden sollen. Noch ein letzter Schlenker und es geht in Richtung Zielkanal. Auf dem Weg dahin waren noch ein Mann und eine Frau unterwegs. Da ich nicht erkennen konnte, in welcher Runde die beiden waren, habe ich noch einmal angezogen und die beiden vor dem Zielkanal überholt. Denn als Gentlemen überholt man auf dem Zielkanal keine Frau mehr. Aber die beiden bogen auch auf eine weitere Runde ab und ich in den Zielkanal. Lichterspiel links und rechts, Cheerleader, Nebelmaschine, Musik, Zuschauer, Videowand… und da vorne war sie, die Finish Line. Das Grinsen im Gesicht wurde immer größer, die Hände und Arme gingen nach oben. Und dann – nach einem Marathon in 3 Stunden und 14 Minuten – kam der magische Satz: „YOU ARE AN IRONMAN!“ Yes – geschafft!
In Erinnerung an meinen Marathon im Herbst 2016 dachte ich, dass es mir gleich richtig, richtig schlecht gehen wird. Aber das Adrenalin pumpte noch durch meine Blutbahnen und die Welt war in Ordnung. „Hallo, ich bin deine persönliche Begleitung und bringe dich in den Athletes Garden“ klang es plötzlich von einer jungen Frau neben mir. „Aber vorher gebe ich dir diese Decke, es ist doch etwas frisch.“ Perfekte Versorgung. Man wird von der Ziellinie bis in den den Erholungsbereich eskortiert und dort bewirtet. „Unterwegs haben wir auch Bänke. Du kannst dich jederzeit hinsetzen“ – aber eigentlich wollte ich so schnell wie möglich in den Athletes Garden, denn da gibts Kuchen
Auf dem Weg dahin wurde mit der persönlichen Eskorte noch etwas rumgewitzelt. Ich dachte mir „hey, eigentlich klingst du ja noch ganz fit“ – im Nachhinein hab ich da sicher wie besoffen irgendwas vor mir her gestammelt. Aber ich wurde immerhin 10 Jahre jünger eingeschätzt. Am Weg zum Athletes Garden stand dann auch plötzlich der mitgereiste Teil der Family mit Glückwünschen. „Du siehst so aus, als ob du das ganze noch einmal machen könntest“ hieß es. Ich war im Vergleich zum reinen Marathon erstaunlich „fit“, aber noch eine Runde hätte mich sicher umgebracht
Im Athletes Garden wurde man dann verpflegt. Kuchen, Obst, Brötchen, Getränke (sogar Bier mit Alkohol!), Duschen, Massagen… Eigentlich bin ich ja sehr groß dadrin das komplette Startgeld in Form von Kuchen wieder reinzufuttern. Aber wie beim Marathon ging Kuchen einfach nicht runter. Aber Wurstbrötchen und Nudelsuppe. Verflucht war das geil! Das hat mich dann auch aus dem Loch gezogen, in das ich da gerade abzustürzen drohte. Das schlimmste dadran war, das neben mir ein Typ saß, der zwar recht nett war, aber einfach nicht aufhören wollte zu quatschen! Ich wollte einfach nur da sitz und sein! …und Wurstbrötchen und Suppe essen!
Die vorher abgegeben Wechselklamotten konnten auch im Garden in Empfang genommen werden. An der Stelle habe ich dann auch Phillip wieder getroffen, der auch ein tolles Rennen gemacht hat. Vor dem Verlassen des Gardens wollte ich noch mal schnell im San-Zelt vorbei und meinen Fuß/Zeh begutachten lassen. Mein weißer Laufsocken war nämlich überhaupt nicht mehr weiß! Beim Sani konnte ich dann feststellen, dass der Landgang wohl vermehrt für Verletzungen gesorgt hat. Einige sind dort wohl gestürzt.
Vor dem Garden warteten dann auch Phillips und meine Support Crew. Allesamt mit leeren Handyakkus vom vielen fotografieren und der Tracker App Apropos Tracker App: Es ist doch schön zu erfahren, dass selbst bei so einem asozialen Hobby, bei dem man eigentlich seine gesamte Freizeit in das Training investiert, es doch Freunde gibt, die zuhause am Computer via Online Tracker verfolgen, wie man sich denn so schlägt und den Zieleinlauf im Lifestream angucken. Auch in der WhatsApp-Gruppe der Triathlon-Kumpels ging es heiß her. Das gehört bei uns dazu, wenn jemand auf einer Langdistanz unterwegs ist und der Gedanken dadran hat einen von Messmatte zu Messmatte getrieben
Unsere Räder haben Phillip und ich dann noch selbst ausgecheckt. Meine Eltern hatte ich die Wochen vorher schon auf das Schleppen der Sachen vorbereitet, da ich davon ausging, dass bei mir dann gar nichts mehr geht.
Beim Schreiben dieser Worte merkt man auch wieder, wie geil dieser Tag eigentlich war. Er war lang und hart und es hat nicht alles so geklappt wie es sollte. Aber genau das ist es, was diesen Sport so ausmacht. Es kann viel passieren und es wird viel passieren und man muss damit umgehen können. Und da ich zu keinem Zeitpunkt – nicht mal im Rennen – den Gedanken „nie wieder!“ hatte, überlegt man schon, welches der nächste IRONMAN wird. Okay, ich habe aber schon gesagt, dass so etwas zweimal in einem Jahr nicht sein muss
Am Ende kann ich nur noch ein fettes Danke an alle geben, die auf der Reise unterstützt haben. Sei es direkt an dem Wochenende oder auf dem Weg vom November 2016 bis zum 13. August 2017. Denn die 690 Trainingsstunden haben nicht viel Zeit für anderes gelassen. Darum auch ein Danke dafür, dass man noch zu Geburtstagen und Feiern eingeladen war, auch wenn man sich so gut wie gar nicht mehr gesehen hat
Besonderen Dank natürlich an: RDH, Saskia, Sinja, Elke, Phillip, Coco, Tino, Andi, Elke und Dustin für das geniale Wochenende!
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